Hohe Prävalenz und Inzidenz von Bluthochdruck unter HIV-Betroffenen in ländlichen Gebieten Afrikas
Rund 12% der HIV-Infizierten in ländlichen Gegenden Tansanias leiden zum Zeitpunkt ihrer HIV-Diagnose an Bluthochdruck. Weitere 10% entwickeln die Erkrankung innerhalb der ersten Monate ihrer antiretroviralen Behandlung. Damit ist die Inzidenz 1,5 mal höher als in Europa oder den Vereinigten Staaten. Das zeigt eine neue Studie des Swiss TPH in Zusammenarbeit mit Partnerinstitutionen in Tansania, der Schweiz und Spanien. Die Ergebnisse wurden heute in der öffentlich zugänglichen Fachzeitschrift PLOS ONE publiziert. (by Sabina Beatrice-Matter)
Zahlreiche afrikanische Länder südlich der Sahara sind neben Infektionskrankheiten zunehmend auch mit nicht übertragbaren Erkrankungen konfrontiert. Diese ‹doppelte Krankheitsbelastung› setzt Gesundheitssysteme, die ohnehin über unzureichende Ressourcen verfügen, zusätzlich unter Druck. Insbesondere Bluthochdruck ist ein unabhängiger, reversibler Risikofaktor für Erkrankungen des Herz-Kreislaufs, der Blutgefässe des Gehirns und der Nieren. Dennoch wird Bluthochdruck in Afrika südlich der Sahara oft nicht diagnostiziert und nur unzureichend behandelt.
Das vom Swiss TPH durchgeführte Forschungsprojekt zählt zu den ersten Längsschnittstudien, die sich mit der Entwicklung von Bluthochdruck unter Menschen mit HIV in Afrika südlich der Sahara befassen. In einer Kohorte von 955 HIV-Infizierten hatten 111 (11,6%) zum Zeitpunkt ihrer HIV-Diagnose einen erhöhten Blutdruck. Weitere 80 Patienten (9,6%) entwickelten nach dem Beginn der antiretroviralen Therapie (ART) gegen HIV einen Bluthochdruck. Die in dieser Studie beobachtete Bluthochdruck-Inzidenz nach Beginn einer ART liegt mehr als 1,5 mal höher als die in einer grossen multinationalen Studie in Europa, den Vereinigten Staaten und Australien gefundene Zahl.
Der Studie zufolge stand die Entwicklung von Bluthochdruck nicht in Zusammenhang mit dem Grad der Immunsuppression oder einem bestimmten antiretroviralen Therapieschema, sondern war vielmehr durch herkömmliche kardiovaskuläre Risikofaktoren wie das Alter, den Body-Mass-Index und die Nierenfunktion zurückzuführen. Die Auswirkungen von ART auf die Körpermasse und die Wiederherstellung der Immunität gelten als mögliche Auslöser für Bluthochdruck unter der Behandlung.
Die Studienkohorte schloss nicht schwangere Patienten ab einem Alter von 15 Jahren ein, die vor der Studie noch keine ART erhalten hatten. Das mittlere Alter der Patienten lag bei 38 Jahren.
Integrierte Versorgung gegen die doppelte Krankheitsbelastung
Bluthochdruck und andere nicht übertragbare Krankheiten haben mit HIV einiges gemeinsam, wie beispielsweise den chronischen Verlauf der Erkrankung sowie die Notwendigkeit regelmässiger Kontrollen und optimaler Therapietreue. Die Studie empfiehlt daher, routinemässige Bluthochdruck-Screenings in HIV-Kliniken zu integrieren.
«Routinemässiges Screening stellt eine machbare und wirksame Strategie dar, um Bluthochdruck im Rahmen eines HIV-Programms zu diagnostizieren», erklärte Dr. Emilio Letang, vom Swiss TPH und Barcelona Institute for Global Health (ISGlobal). «Bei der Umsetzung müssen wir jedoch sicherstellen, dass die Effizienz bestehender HIV-Programme nicht beeinträchtigt wird».
Bedarf an breiterem Zugang zu blutdrucksenkenden Medikamenten
Die Studie verdeutlicht auch die Notwendigkeit, den Zugang zu blutdrucksenkenden Medikamenten zu erweitern. «In vielen afrikanischen Ländern südlich der Sahara sind Medikamente gegen nicht übertragbare Krankheiten nach wie vor nur unzureichend zugänglich», betonte Prof. Dr. Christoph Hatz, Chefarzt am Swiss TPH. «Damit solche integrierten Versorgungsprogramme funktionieren, ist es entscheidend, dass Medikamente besser verfügbar und erschwinglicher sind, und umfassende präventive und behandelnde Massnahmen umgesetzt werden.» (Photo: Chronic Disease Clinic in Ifakara (CDCI) / Swiss TPH - Francesco Marzoli)